Was koche ich heute bloß? Keine zündende Idee? Dann ab auf den Münstermarkt, dort gibt es jede Menge Leckereien für den Kochtopf. Der Freiburger Marktkalender bietet saisonale Rezepte mit Zutaten vom Markt — ausgesucht von Hans-Albert Stechl. Mit seinen Kochanleitungen ohne Firlefanz gelingt jedes Gericht: Kartoffel-Soufflé, Spargel-Erbsen-Quiche, Erdbeer-Tiramisu, Kürbis-Curry oder Schwarzwurzelsuppe mit Orangen. Jedes Gericht ist leicht nachzukochen, gemäß der Maxime: Einfach gut gekocht!
Hier finden Sie leckere Kochrezepte von Hans-Albert Stechl für jede Saison …
Ich weiss ja nicht wie es Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser meiner Kochkolumne, gerade so geht. Ob auch Sie in letzter Zeit das Gefühl haben, dass eine Situation erreicht ist, bei der einem der
Bissen im Halse stecken bleibt. Das kommt bei mir selten vor, aber vor wenigen Tagen war das der Fall. Als nämlich von Journalistinnen und Journalisten aufgedeckt wurde, dass sich AfD-Politiker
und andere Gestalten mit rechtsradikaler, rassistischer und nationalsozialistischer Gesinnung getroffen haben, um über »Remigration« zu sprechen. Konkret heißt das nicht mehr und nicht weniger
als die zwangsweise Ausweisung von hier lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte, ob mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Aller spätestens dann, wenn jemand anfängt, an einer Ecke des Hauses, in dem ich wohne, Feuer zu legen, hört der Spaß auf. Dann habe ich keine Lust, in der Küche zu stehen, mir Rezepte
auszudenken und darüber zu schreiben, gerade so, als wäre um mich herum alles zumindest halbwegs in Ordnung. Es ist null und nichts in Ordnung.
Es geht mittlerweile schlicht darum, uns alle und unsere Demokratie vor solch Menschen verachtenden Ideen zu schützen. Man stelle sich nur die Verunsicherung, die Angst der von diesen
Überlegungen betroffenen Menschen vor.
Wenn ich jetzt in diesem Zusammenhang auf das vergleichsweise banale Thema »Essen« komme, was in dieser Kolumne ja nahe liegt, dann deshalb, weil man manchmal Dinge, gerade die schlimmsten, am
anschaulichsten an einem konkreten Beispiel verdeutlicht.
Deshalb, bitte, stellen Sie sich zusammen mit mir mal vor, dieser Plan würde auch nur ansatzweise umgesetzt. Es gibt keine genaue Statistik darüber, wie hoch der Prozentsatz von Menschen mit
Migrationsgeschichte ist, die bei uns in der Gastronomie arbeiten. Aber man muss nicht mal zwei und zwei zusammenzählen können, um beim Besuch bei unserem Lieblingsitaliener, Lieblingsgriechen,
Türken, Spanier, Inder, Thai oder wem auch immer zu folgendem Ergebnis zu kommen: Vom Restaurantinhabern über das gesamte Personal geht dieser Prozentsatz deutlich gegen hundert. Und in
Restaurants mit deutscher Küche ist es nicht wesentlich anders.
Also: wer nicht mit dem Klammerbeutel gepudert ist, der kann sich ausrechnen: Etwa 80 Prozent unserer Restaurants und Kneipen wären auf der Stelle dicht, wenn sich die AfD mit ihren Plänen
durchsetzt. Gibt es irgendeinen Menschen in diesem Land, der das möchte? Nein? Dann sollte es auch keine Menschen in diesem Land geben, die eine solche Politik wählen.
Deshalb, liebe Leserinnen und Leser meiner Kochkolumne: lassen Sie an diesem Wochenende die eigene Küche mal kalt, gehen Sie in Ihr Lieblingsrestaurant oder zu Ihrem Lieblingsimbiss an der Ecke,
futtern Sie dort die Speisekarte einmal rauf und einmal runter, trinken Sie französischen, griechischen, spanischen, italienischen und gerne auch badischen Wein. Und versichern Sie allen
Menschen, die dort für unser Wohl sorgen, wie sehr wir sie persönlich und ihre Arbeit schätzen, dass sie uns ans Herz gewachsen sind, dass wir sie brauchen und ohne sie arm dran wären und auch
noch halb verhungern würden. Quatsch, wir würden selbstverständlich nicht halb verhungern, sondern ganz und gar. Denn wenn wir über die Gastronomie hinaus schauen und sehen, wie viele dieser
Menschen mit Migrationsgeschichte auf unseren Feldern und hinter den Kassen und zwischen den Regalen unserer Supermärkte arbeiten, dann wäre ohne sie hier definitiv Schicht.
Wenn wir vor geschlossenen Restaurants stehen und vor leeren Tellern sitzen, ist es zu spät.
Hans-Albert Stechl
BZ Kochkolumne »Stechl kocht«